Gamification in Online-Wettbewerben: Neue Forschung zeigt Chancen und Risiken auf

Einige Unternehmen haben den Wert von Online-Wettbewerben erkannt und nutzen diese erfolgreich für stärkere Kundenbindung, zum Erhalt von Innovationsimpulsen und sogar zur Auslagerung von Arbeitsprozessen.

Die Professorin Stefanie Paluch ist eine der ersten, die sich mit der Wirkung solcher Wettbewerbe auf die Zielgruppe näher beschäftigte – vor allem auf diejenigen, die am Ende leer ausgehen. Im Interview mit der populärwissenschaftlichen Zeitschrift „Gehirn und Geist“ stand Prof. Paluch Rede und Antwort.

Konkret geht es um solche Wettbewerbe, in denen Kunden ein Produkt erstellen oder ein Design kreieren und die beste Einsendung in irgendeiner Weise prämiert wird. McDonalds liess beispielsweise Freiwillige einen neuen Burger kreieren und brachte die besten fünf Entwürfe als neues Produkt in die eigenen Restaurants.

Unternehmen können viele Vorteile abschöpfen

Die Vorteile für McDonalds liegen auf der Hand: Die Burgerkette erhält wertvolle Informationen über die Wünsche und Vorstellungen ihrer Kunden und kann so das eigene Produktportfolio feinjustieren. Im Laufe des Einsendungsprozesses können viele Informationen über die Teilnehmer abgefragt werden (z.B. Alter, Geschlecht, Emailadresse, Wohnort etc.), die Kundenbindung wird gestärkt, die Interaktion mit der eigenen Marke gefördert und ein Teil der Produktentwicklungskosten an Freiwillige ausgelagert.

Und was motiviert die Teilnehmer zur Gratis-Arbeit?

Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage: Wie motivieren Betriebe Kunden dazu, unbezahlt in ihrer Freizeit für sie zu arbeiten? Genau das fragte die Diplompsychologin Lisa Klotzbücher die frisch gebackene Professorin für Dienstleistungs- und Technologiemarketing Stefanie Paluch. „Sie profitieren vom Spieltrieb der Kunden – und aktivieren diesen gezielt. Dabei werden Elemente aus Spielen in einem neuen Kontext benutzt; das nennt man Gamification.“

Als Motivationselemente dienen z.B. Punktesysteme und Ranglisten oder virtuelle Orden. Durch diese Art der Belohnung werden Kunden animiert, ein bestimmtes Verhalten – in diesem Fall das Engagement im Wettbewerb und damit die Interaktion mit der Firmen-Marke – häufiger zu zeigen. Stefanie Paluch bringt es auf den Punkt: „Ich binde meine Kunden an das Unternehmen, indem ich ihre Leistung in einer virtuellen Welt würdige.“

Die Triebfeder sei vor allem der Wunsch nach sozialer Anerkennung und Würdigung der eigenen Leistung, so Prof. Paluch weiter. Aus dieser Perspektive klingen gut durchdachte Online-Wettbewerbe wie eine Möglichkeit für Unternehmen, mit virtuellem Wert eine echte Arbeitsleistung „einzukaufen“ – also ein Goldesel?


Virtuelle Orden sorgen für das Gefühl von Wertschätzung (Bild: © venimo – Shutterstock.com)

 Goldesel, der auch ausschlagen kann

Nicht ganz, wie Prof. Paluch weiter ausführt. Solche Wettbewerbe können für Unternehmen ein zweischneidiges Schwert sein, denn wo nur die besten fünf Beiträge am Ende belohnt werden, geht der Rest leer aus. Damit werden auch nur fünf Leute mit dem Anreiz entlohnt, für den sie sich ins Zeug gelegt haben. Frustration, die von den Kunden direkt mit der Marke assoziiert werden kann, muss bei einer Kosten-Nutzen-Betrachtung solcher Wettbewerbe ebenfalls miteinbezogen werden.

Frau Prof. Paluch ist eine der ersten, die diese Wirkung näher untersucht: „Wir haben einen Kreativwettbewerb ausgerufen und die Probanden eine Stunde lang an einem Supersandwich arbeiten lassen, wobei stets eine eingeweihte Person gewann. Hinterher fragten wir die Verlierer: Bist du enttäuscht? Würdest du das Sandwich, das gewonnen hat, probieren oder weiterempfehlen?»

Aus diesem und einem Folgeversuch hielt Paluch fest, dass die Enttäuschung nach einer Niederlage eher begrenzt sei, jedoch die mangelnde Transparenz bei der Entscheidungsfällung häufig kritisiert werde. Generell nehme nach einer Niederlage auch die Bereitschaft der Teilnehmer ab, „das Produkt und die Ausschreibung weiterzuempfehlen“, ergänzt Paluch. „Wer sich besonders ärgerte, war dem Unternehmen gegenüber ausserdem weniger loyal.“

McDonalds muss sich beim Burger-Wettbewerb also fragen, ob die fünf neuen Produkte ein grosser Zugewinn sind, wenn sie bei der Mehrzahl der Wettbewerbsteilnehmer von Anbeginn einen schweren Stand haben werden. Oder lassen sich die negativen Emotionen irgendwie umgehen bzw. abschwächen?

Darauf können Unternehmen achten

Die Erfahrungen aus ihrer bisherigen Forschung lassen die Professorin vermuten, dass vor allem drei Variablen darüber entscheiden, ob die Verlierer dem Wettbewerb (und damit dem Unternehmen) gegenüber am Ende negativ oder positiv eingestellt sind: Der von den Teilnehmern erbrachte Aufwand, die dafür erhaltene Wertschätzung und die Transparenz des Wettbewerbs.

Wer als Unternehmen Online-Wettbewerbe ausruft, kann Punkte sammeln, wenn jeder einzelne Teilnehmer ein spürbares Zeichen der Anerkennung erhält. Ausserdem sei es sehr vorteilhaft, wenn man sich bei der Auswahl der Gewinner aus dem Wettbewerb zurückziehe. Eine elegante Möglichkeit sei es, die Community darüber entscheiden zu lassen, gibt Paluch als Tipp an die Hand.

 

Oberstes Bild: © alphasprint – Shutterstock.com

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Diplomphysiker im technischen Vertrieb mit Leidenschaft für's Schreiben.
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