Krisenkommunikation – ein vernachlässigtes Thema im Content-Marketing

Content-Marketer nutzen für ihre Ziele eine extrem schnelle Informations-Infrastruktur. Doch nicht nur gute Nachrichten verbreiten sich über diese Kanäle, sondern auch harsche Kritik. Damit muss man umgehen können. Manchmal ist es auch ratsam, schlechte Nachrichten über die eigenen Web-Kanäle vorab anzukündigen: Es geht um Krisenkommunikation.

In diesem Artikel erklären wir, warum sich Content-Manager heute auch im Krisenmanagement und vor allem der Krisenkommunikation auskennen sollten.

Die Kernaufgabe der Content-Verantwortlichen ist es, die Expertise des eigenen Unternehmens ins Sichtfeld einer Zielgruppe zu transportieren. Die tägliche Arbeit macht sie damit zu Profis im aktiven Lancieren interner – und in der Regel vorteilhafter – Informationen an ein selbst ausgewähltes Publikum. Da die genutzten Kommunikationskanäle heute keine Einbahnstrassen mehr sind, müssen Content-Verantwortliche manchmal auch mit harter Kritik bis zum „Shitstorm“ umgehen können. Dazu muss in der Regel ein ganz anderer Kommunikationsmodus gefahren werden, als sie es von ihrer täglichen Arbeit gewohnt sind.

Ungewohnte Anforderungen erzeugen Reibungsverluste

Statt aktive und selbst gesteuerte Informationsverbreitung wird nun eine angemessene Reaktion auf Anfragen oder Vorwürfe erwartet. Das Heft des Handelns liegt damit nicht mehr in der Kommunikationsabteilung – meist nicht einmal mehr im eigenen Unternehmen. Der Informationsfluss muss in Härtefällen (Produktfehler, Skandale) mit anderen Verantwortlichen abgestimmt werden, als es im „Normalbetrieb“ der Fall wäre, was zu Reibungsverlusten bei der Suche nach dem richtigen internen Ansprechpartner führen kann. Letztlich herrscht permanent ein ungewohnter Zeit- und Entscheidungsdruck und gerade jetzt muss eine besonders gut formulierte, nachvollziehbare und angemessene Erklärung konzipiert werden.

Das Festlegen von internen Verhaltensregeln für solche Fälle kann bereits eine grosse Erleichterung für den Umgang mit öffentlicher Kritik sein. In ihrer gemeinsamen Publikation „Content-Marketing richtig gemacht“, weisen die Marketing Managerin Nadja Schröder und der Kommunikationsberater Milko Malev die Krisenkommunikation als Baustein einer soliden Content-Marketing-Strategie aus. Sie empfehlen die Benennung eines Verantwortlichen, der schnell auf Kritik reagiert, kurzfristig Content erstellen kann – und natürlich auch die Befugnis haben muss, in einem gewissen Rahmen für das Unternehmen zu sprechen. Weiterhin halten Schröder und Malev die Erstellung eines entsprechenden Krisen-Kommunikationsleitfadens für sinnvoll, der vor allem den Entscheidern als „Leitplanke“ dienen kann.

Orientierungshilfe für Stresssituationen

Grosse Unternehmen geben auch an Mitarbeiter, die direkt für den Content verantwortlich sind, Kommunikationsrichtlinien aus. Die Betreuer des Firmenblogs von Daimler sind beispielsweise angehalten, sich an bestimmten Richtlinien zu orientieren. Sie bieten dem Unternehmen die Möglichkeit einheitlich festzulegen, wie beispielsweise mit beleidigenden Kommentaren umzugehen ist, wann ein Gespräch abgebrochen werden sollte oder wer für Fälle zuständig ist, die dem Blog-Betreuer „über den Kopf wachsen“.


Die enorme Online-Reichweite und Verbreitungsgeschwindigkeit birgt auch Gefahren (Bild: © Texelart-Shutterstock.com)

Vorankündigung über Content-Kanäle wird erwartet

Unter Krisenkommunikation versteht man aber nicht nur eine Reaktion auf externe Kritik, sondern auch die präventive Vorankündigung einer Krise. Vor allem hier sind die Content-Marketer gefragt, denn generell lässt sich sagen: Wer für Content-Marketing aktiv über das Web kommuniziert, z.B. über einen Unternehmensblog, Twitter, LinkedIn usw., von dem wird heute auch eine Krisenkommunikation über diese Kanäle erwartet.

Zwei Beispiele sollen das unterstreichen. Das mittlerweile insolvente StartUp „Deinbus.de“ wurde von der Corporate Blogging Agentur brandiz mit deutlichen Worten für das Schweigen über den unausweichlichen Bankrott kritisiert: „Ein Corporate Blog kann in der existenziellen Krise eines Unternehmens als Instrument der Kommunikation sehr hilfreich sein. Wenn man es nutzt – das insolvente Busunternehmen Deinbus.de zeigt aktuell, wie man alle Regeln vernünftiger Kommunikation über den Haufen schmeissen kann“, schrieb Klaus Wieking im November 2014 auf brandiz.de.

Auf derselben Domain gibt es aber auch Lob – und zwar für den Luxus-Elektroautohersteller Tesla, der bereits Ende 2013 als Vorreiter seinen Unternehmensblog für die Krisenkommunikation nutzte. Auf diese Weise informiere das Unternehmen „transparent und authentisch über einen möglicherweise schwerwiegenden Konstruktionsfehler“, beschrieb es Helmut von Rinsum und führte weiter aus: „Das verleiht dem Unternehmen Grösse und Souveränität, die Premiummarke – so die indirekte Botschaft – hat es nicht nötig, irgendwas klein zu reden“.

Die hohe Online-Reichweite hat zwei Seiten

Ob und in welchem Masse eine Krisenkommunikation in das Content-Marketing einfliessen sollte, hängt auch von der Unternehmensgrösse ab. In jedem Fall muss bedacht werden, dass dieselbe Infrastruktur (mobiler Kanal, sozialen Plattformen, Internet), die man für das eigene Marketing nutzen möchte, auch die schnelle Verbreitung von rufschädigenden Informationen ermöglicht. Content-Marketing wird sich daher immer auch mit diesem Aspekt auseinandersetzen müssen, sei es durch eine solide Strategie für Krisenkommunikation oder der (hoffentlich) bewusst gewählte Verzicht darauf.

Im nächsten Artikel soll dieses Thema etwas praktischer beleuchtet werden, indem die wesentlichen Punkte einer soliden Krisen-Mitteilung an Kunden oder Geschäftspartner beschrieben werden.

 

Oberstes Bild: © alphaspirit – Shutterstock.com

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Diplomphysiker im technischen Vertrieb mit Leidenschaft für's Schreiben.
Die Themen dürfen ruhig weit gesteckt sein: Von Archäologie und Kulturanalyse über Naturwissenschaft und Technik hin zum eCommerce und Content-Marketing.

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