KMU-Branding durch Micro-Moments

Wie kann man als KMU seine Marke im Netz etablieren, wenn grosse Firmen wie Amazon oder OBI mit ihren Angeboten omnipräsent zu sein scheinen? Eine Lösung sind die sogenannten Micro-Moments: Wenn Konsumenten eher beiläufig das Netz nutzen, um schnelle Antworten zu finden, kleine Informationen zu sammeln oder einfach nur kurze Unterhaltung suchen.

Diese Micro-Moments sind die Chance für KMUs, ihre Marke und ihre Produkte in einem Netz zu etablieren, das auch immer regionaler funktioniert.

In der Kürze liegt die Würze

Der Effekt der Micro-Moments äussert sich tatsächlich in der beiläufigen, aber zielgerichteten Informationssuche. Diese können sich KMUs zunutze machen, wenn sie themenbezogene Inhalte liefern. Werden zu einem bestimmten Thema häufig die gleichen Marken oder Produkte gezeigt, so kann sich z. B. nach dem Mere-Exposure-Effekt (erhöhte Frequenz der Darbietung) die Einstellung des Konsumenten dazu positiv ändern.

Solche Micro-Moments sind zum Beispiel:

  • Suche nach Infos auf dem Weg zur Arbeit
  • Suche nach kurzen Antworten auf Diskussionsthemen
  • Suche nach einfachen Anleitungen beim Handwerken
  • Suche nach einem günstigeren Angebot als im Ladengeschäft

Im Rahmen des Customer Lifetime Circles befinden wir uns also noch ganz am Anfang. Weder Kauf noch Auftrag sind gewünscht, es soll lediglich das Informationsbedürfnis gestillt werden. Genau da kann Brand Building ansetzen, denn in diesem Moment sind Misstrauen und Vorsicht noch sehr gering. Ziel ist es also, den Konsumenten durch geschickten Einsatz relativ schnell zu ergreifender Massnahmen in solchen Micro-Moments zu erreichen.


Das eher beiläufige Nutzen des Netzes können sich KMU’s zunutze machen. (Bild: © Firma V – shutterstock.com)

Welche Massnahmen kommen infrage?

Um die Konsumenten bei möglichst vielen Micro-Moments abholen zu können, muss man zunächst dem Medium entgegenkommen, welches für schnelle Informationsbefriedigungen eingesetzt wird. Hier sind ganz klar die Tendenzen zu mobilen Endgeräten zu nennen. Ein mobile-fähiges Internet-Angebot ist also ein absolutes Muss.

Da ein Grossteil aller Smartphone- und Tablet-Nutzer ihre Standortdaten bekanntgeben, wird Google ihnen lokale Ergebnisse preferiert anzeigen. Daher muss die eigene Homepage den Anforderungen an lokale Suchmaschinenoptimierung (Local SEO) entsprechen. Nur so nutzen Sie die Chance, die Ihnen Goolge einräumt, wenn User ihre Geodaten bereitstellen.

Zuletzt müssen Sie Ihre Marke und Ihr Produkt dort an den Mann bringen, wo er sie braucht. Gezieltes und plattformübergreifendes Content Marketing ist der Schlüssel zum Erfolg. Antworten zu liefern, Anleitung zu geben oder Angebote zu plazieren, stehen im Vordergrund der Massnahmen.

Mobile-fähige Homepage

Mobile-friendly ist eines der Schlagworte der letzten Monate. Google selbst drängt Homepage-Betreiber nahezu penetrant zum Umstieg auf eine mobile-fähige Seite. Grund ist die zunehmende Anzahl der Nutzer, die über mobile Endgeräte ins Netz gehen. Seiten, die nicht für die unterschiedlichen Bildschirmformate gemacht sind, werden schlecht dargestellt, und die meisten Nutzer springen schnell wieder ab. Google selbst empfiehlt, wie die meisten Fachleute auch, eine responsive Homepage zu erstellen.

Das Schlagwort responsive bedeutet, dass Seiten auf allen Bildschirmgrössen so angepasst werden, dass zum einen das Layout noch funktioniert und zum anderen alle wichtigen Inhalte einfach zu erreichen sind. Zum Thema responsive websites gibt es unzählige Artikel. Ich empfehle zum Einstieg den Blick auf die Guidelines von Google.

Ist die Homepage responsive, ist es an der Zeit, die Konsumenten dorthin zu lenken.

Local SEO

Es gibt drei sehr effektive Massnahmen, eine Homepage für Local SEO zu optimieren:

  1. Lokales Keywordset und Geo-Meta-Tags
  2. Eintrag bei Google MyBusiness
  3. Einträge in lokalen Branchenverzeichnissen und Portalen

Für Local SEO muss man heute gerüstet sein. (Bild: © 3DwithLove – shutterstock.com)

Lokales Keywordset und Geo-Meta-Tags

Das lokale Keywordset wird durch Gebrauch der Region und / oder Ortschaft in Verbindung mit Ihrem Angebot oder dem Produkt im Text gewährleistet. Laut Google nehmen Suchanfragen stetig zu, die die Worte „in der Nähe von“ oder „bei“ in Verbindung mit einer Ortschaft beinhalten. Auch dies ist eine Folge der Mobilisierung der Konsumenten via Smartphones und Tablets.

Ohnehin notwendig ist die Nennung der Anschrift und einer Telefonnummer für den schnellen und unkomplizierten Kontakt. Solche Daten sollten mit Hilfe von Microdata (z. B. Schema.org) im Quellcode ausgezeichnet werden. Geo-Meta-Tags im Head-Bereich des Quellcodes dienen der Lokalisierung anhand von Sprache, Ländercode und sogar GPS-Daten (für Kartendienste).

Google MyBusiness

Der Eintrag bei Google MyBusiness ist eine Standardmassnahme, die viele Vorteile bietet. Zum einen wird der damit verknüpften Homepage mehr Authentizität zugesprochen, da das MyBusiness-Profil durch einen postalisch zugesandten Code autorisiert werden muss. Zum anderen erhält man auch den Eintrag bei Google Maps, der in lokalen Suchergebnissen angezeigt wird. Und letztlich kann man über MyBusiness Bewertungen sammeln, die dann in Form von gelben Sternen unter dem Maps-Eintrag erscheinen und Vertrauen ausstrahlen.

Lokale Branchenverzeichnisse

Lokale Branchenverzeichnisse gibt es zuhauf, auch im Internet. Diese Möglichkeit sollte auf jeden Fall genutzt werden. Zu überlegen ist nur, ob es auch kostenfällige Einträge sein müssen. Zu diesem Bereich gehört auch die Vernetzung über Stadtportale (meineStadt.ch / meineRegion.ch) oder Facebook. Wenn Ihre Stadt hier noch keine eigene Gruppe hat, eröffnen Sie einfach eine (mit Ihrem Unternehmensprofil). Da Google mittlerweile auch soziale Netzwerke scannt, werden hier lokale Bezüge noch mehr verstärkt.

Content Marketing

Das Content Marketing ist der eigentliche Schlüssel zu den Micro-Moments. Nachdem das Angebot responsive dargestellt und lokal angepasst wurde, müssen nun konsumentenfreundliche Inhalte gefunden werden. Dazu empfiehlt sich folgender Weg:

  • die relevanten Micro-Moments bestimmen
  • die Konsumentenbedürfnisse erkennen
  • die relevanten Kanäle identifizieren
  • Inhalte an den Konsumentenkontext anpassen

Relevante Micro-Moments

Zunächst sollten alle Micro-Moments definiert werden, die für Ihre Marke und Ihre Darstellung in Betracht kommen. Solche Micro-Moments sind eingebettet in Lebensumstände weit weg vom Gedanken an einen Kauf oder Auftrag. Sie finden während der Freizeit oder auch auf dem Weg zur Arbeit und in der Arbeit statt. Vielleicht wollen Sie ja speziell Menschen ansprechen, die am Abend in der Badewanne surfen und keine, die vor der Disko stehen?

Konsumentenbedürfnisse

Im weiteren Schritt überlegen Sie, welche Bedürfnisse die Konsumenten in den jeweiligen Momenten haben könnten, die zu Ihrer Marke oder Ihrem Angebot passen. Notieren Sie diese Bedürfnisse gerne neben Ihren relevanten Micro-Moments. So filtern Sie die Anforderungen an den relevanten Content weiter heraus. Jemand, der in der Badewanne liegt und wissen will, woraus Badeschaum besteht – für einen Shop, der Seife verkauft, ist das doch der Moment!


Wer in der Badewanne liegt und wissen will, woraus Badeschaum besteht – für einen Seifen-Shop der Moment!

Kanäle identifizieren

Nun sollten die relevanten Content-Kanäle identifiziert werden, auf denen Inhalte veröffentlicht werden. Hierzu zählen Blogs, Video-Plattformen (allen voran Youtube), Social Media Netzwerke (hier vorallem Facebook, dann spezielle Plattformen), Fragenportale (z.B. gutefrage.net), aber auch die Firmen-Homepage. Zu überlegen wäre auch der Einsatz von Google AdWords, allerdings sollte man dann eigene Kampagnen nur zu Brandingzwecken via Micro-Moments erstellen. Zur Ermittlung der relevanten Kanäle empfehle ich einen Blick auf die Google Consumer Surveys (kommerzieller Dienst) oder das Google Consumerbarometer (kostenloser Dienst).

Inhalte anpassen

Zu guter Letzt geht es darum, eigene Inhalte an die Micro-Moments, die Kundenbedürfnisse und die Kanäle anzupassen. Die Optimierung sollte für alle Inhalte auf Ihren relevanten Kanälen stattfinden. Da hier Markenaufbau betrieben wird, muss Ihre Marke auch präsent sein. Vorsicht aber, der Grat zwischen penetrantem Branding und hilfreichen Angeboten ist schmal.

Zur Erstellung der Inhalte für Micro-Moments empfehle ich ausserdem den Rückgriff auf die klassischen Werbetypen. Für die unterschiedlichen Situationen, Kanäle und Ihre Marke können Sie daraus die relevanten entnehmen (in Anlehnung an Peter Michael Bak, Werbe- und Konsumentenpsychologie, Schäffer-Poeschel, Stuttgart 2014):

  • Slice of Life (Marke in Alltagssituationen)
  • Lifestyle (Marke in einem bestimmten Ambiente)
  • Traumwelt (Marke in Verbindung mit Fantasien und Bedürfnissen)
  • Stimmungen und Gefühle (Marke in emotionalen Situationen)
  • Musical (Marke in Verbindung mit Musik)
  • Persönlichkeiten (Marke in Verbindung mit fiktiven oder realen Personen)
  • Technische Kompetenzen (Marke in Verbindung mit Know-How)
  • Wissenschaftliche Nachweise (Marke in Verbindung mit wissenschaftlichen Erkenntnissen)
  • Testimonials (Marke in Verbindung mit Kundenstimmen)

Micro-Moments-Erfolge messen

Die Erfolge, die durch Micro-Moments erzielt werden, sind meist nur mittelbarer Natur. Das hat Branding so an sich, da selten gleich Verkäufe stattfinden. Hier ist es also sinnvoll, zum Beispiel in Google Analytics die Besucherquellen zu beobachten. Mit Hilfe von Cookies können eventuell auch vorbereitende Besuche erfasst und später einem Kauf / Auftrag zugeordnet werden.

Fazit

Micro-Moments sind alle beiläufigen, aber nicht weniger wertvollen Kontakte zwischen Konsumenten und Ihrer Marke. Durch richtiges Content Marketing in Verbindung mit den notwendigen technischen Voraussetzungen, können KMUs gerade im lokalen Bereich eine starke Präsenz gegenüber etablierteren Marken aufbauen.

 

Oberstes Bild: © Eugenio Marongiu – shutterstock.com