Online-Marketing in der Schweiz – eine Bestandsaufnahme
VON Markus Haller Allgemein Trends/Interessantes
Ein grosser Vorteil heutiger Online-Werbeangebote gegenüber der klassischen Printwerbung ist die Möglichkeit, Werbeanzeigen nur an eine genau definierte Zielgruppe auszuspielen. Die geringen Streuverluste machen diese Angebote für Marketer sehr attraktiv und immer mehr Entscheidungsträger in Schweizer Unternehmen informieren sich über die Möglichkeiten des Online-Marketings.
In diesem Artikel beschreiben wir exemplarisch die Möglichkeiten der Online-Werbung anhand von Facebook-Ads und wagen eine Bestandsaufnahme zum Interesse der Schweizer Unternehmen an Online-Marketing-Massnahmen.Onlinemarketing hat innerhalb der letzten Jahre massiv an Fahrt aufgenommen. Wegbereiter des schleichenden Übergangs von der klassischen Printwerbung zur Onlinewerbung sind insbesondere die Online-Giganten Google und Facebook, die es geschafft haben, die Möglichkeiten der heutigen Computer- und Internettechnik zur gezielten Ansprache bestimmter Personengruppen in ein attraktives Werbeangebot zu verwandeln.
Targeting und retargeting – geringe Streuverluste
Mit Hilfe der umstrittenen Datensammlung der grossen Werbeanbieter über das Surfverhalten und weitere Daten ihrer Nutzer ist es für Marketer heute möglich, die Personengruppe genau festzulegen, an die eine Online-Werbeanzeige ausgespielt werden soll. Abgerechnet wird wahlweise pro eingeblendeter Werbeanzeige (Page Impression, PI) oder pro tatsächlich erfolgtem Klick auf die Werbeanzeige (Pay Per Click, PPC). Das Angebot verspricht geringe Streuverluste und eine faire, punktgenaue Abrechnung – eigentlich der Traum eines jeden Marketers.
Printwerbung kann zwar auch eine relativ gut definierte Zielgruppe erreichen – wie die Leser eines Fachmagazins –, aber an die Möglichkeiten von Online-Werbung reicht es nicht heran. Ein Marketer für den Fanshop des Fussballvereins Inter Mailand hat mit Facebooks Werbeangebot beispielsweise die Möglichkeit, eine Anzeige für das Trikot von Xherdan Shaqiri zu gestalten und an alle männlichen Personen zwischen zehn und dreissig Jahren ausspielen zu lassen, die Inter Mailand und Xerdan Shaqiri „geliked“ haben.
Mit der Option Abrechnung nach Klicks kann er dieses Prozedere für die gesamte Mannschaft von Inter Mailand – aktuell fünfunddreissig Spieler – durchführen, ohne dass er dabei automatisch das fünfunddreissigfache Werbebudget ausgeben müsste, wie es bei einer Print-Anzeige der Fall wäre. Ausserdem bietet Online-Werbung die Option zum sogenannten „retargeting“. Jeder, der einmal auf eine Werbeanzeige geklickt hat, wird gespeichert und kann gezielt mit einem passenden Folgeangebot erneut angesprochen werden.
In diesen Punkten bietet die Computer- und Internettechnik deutliche Vorteile, die für Marketer bereits jetzt sehr attraktiv sind und von den entsprechenden Anbietern im Zuge der zunehmenden Vernetzung sowie der erhöhten Datensammlung in Zukunft sicherlich noch attraktiver gestaltet werden.
Entscheidungsträger interessieren sich zunehmend für Online-Marketing
Die Zukunft der Werbung wird sicherlich im Online-Bereich liegen und Schweizer Marketer machen sich mit den entsprechenden Techniken und Möglichkeiten immer weiter vertraut. Seit Jahren steigt die Zahl der Besucher der gemeinsam veranstalteten Fachmessen Swiss Online Marketing und eBusiness Expo. In diesem Jahr wurden knapp 5000 Besucher registriert, unter denen – laut Abschlussbericht des Veranstalters – vor allem Geschäftsführer (27,72%), Marketingleiter (25,06%) und eCommerce-Leiter (19,87%) vertreten waren. Die Interessen der Besucher galten zuerst den Themen Soziale Netzwerke (60,34%), Suchmaschinen Marketing (60,34%) und E-Mail Marketing (58,62%).
Speziellere Themen, die eine gewisse Kenntnis der Online-Werbemöglichkeiten voraussetzen, wie der Themenblock „Targeting/Tracking/AdServing“, der stark mit den oben genannten Möglichkeiten von Facebook-Werbung zusammenhängt, waren von geringerem Interesse (33,59%). Über die konkrete Content-Produktion wollten sich nur wenige Besucher informieren, genauso wie über Plattformen, auf denen aktuell beliebte Content-Formen angeboten werden: Für Audio-, Video- und Postproduktion interessierten sich nur 18,62% und über Plattformen für Podcasts, Videos, Streams oder Web-TV wollten sich nur 13,79% informieren.
Sieht man diese grobe Betrachtung der erhobenen Zahlen als eine erste Wasserstandsmeldung für das Online-Marketing in der Schweiz, kann man Folgendes festhalten:
- In der Schweiz gehen die Umsätze mit Print-Werbung zurück, während der Umsatz mit Online-Werbung seit Jahren steigt.
- Online-Marketing erregt verstärktes Interesse bei den Entscheidungsträgern von Schweizer Firmen (insbesondere KMU).
- Im Fokus der Aufmerksamkeit liegen eher die grossen Trends, die bereits von vielen praktiziert werden, als die neusten Werbemöglichkeiten – es gibt also eine spürbare Verzögerung zwischen aktuell verfügbaren Marketing-Optionen und deren Umsetzung in den Unternehmen.
Was die Marketingabteilungen der Unternehmen umsetzen und anstreben, muss nicht zwangsläufig dem entsprechen, wofür sich deren Geschäftsführer und Marketingleiter auf einer Messe interessieren. Der genannte Versatz zwischen vorhandenen Werbemöglichkeiten und tatsächlicher Umsetzung in Unternehmen ist daher natürlich etwas spekulativ, aber sicherlich auch nicht gänzlich von der Hand zu weisen. Gerade für kleinere und damit agilere Unternehmen könnte sich eine Nische auftun, wenn sie sich gezielt über die neuesten Werbemöglichkeiten informieren und eine Umsetzung nicht scheuen, um eigene Erfahrungen zu sammeln und den Wissensvorsprung weiter auszubauen.
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