Warum alle verrückt nach viralem Content sind
VON Markus Haller Content-Distribution MOZblog
Mit viralem Content verbindet man intuitiv ein kurzfristiges, enormes Aufkommen an Webseitentraffic. Nach der viralen Zeit gibt es keine spürbaren Auswirkungen mehr. Das ist allerdings falsch, denn viraler Content hat eine positive Langzeitwirkung auf den Traffic, von der viele Webseitenbetreiber gerne profitieren möchten.
Nachdem die Frage in der Überschrift schon nach dem Vorspann beantwortet ist, können Sie einfach auf die Veröffentlichung des nächsten Beitrags warten – und während Sie warten, lesen Sie doch hier, worin genau die positiven Wirkungen des viralen Contents bestehen.
Was viraler Content ist
Bemüht man Google um eine Antwort zu der Frage, wie viraler Content definiert wird, finden sich unter den obersten Suchergebnissen viele Anleitungen zur Erstellungen von viralem Content – ohne näher zu erklären, was sich eigentlich hinter diesem Wort verbirgt. Vielleicht ist es auch so selbsterklärend, dass eine nähere Definition gar nicht nötig ist. Wir finden, dass soviel Zeit aber durchaus sein sollte und möchten, da offensichtlich keine allgemein anerkannte Definition existiert, eine Definition geben: Unter viralem Content versteht man den Beitrag eines Anbieters, der, im Vergleich zu anderen Beiträgen desselben Anbieters, deutlich mehr Klicks erzielt und über die sozialen Medien deutlich öfter geteilt wird.
Die Auswirkungen von viralem Content
In der typischen Auswertung einer Analysesoftware, bei der die Ansichten (Page Impressions) eines Beitrags gegen die Zeit aufgetragen wird, erscheint ein viraler Beitrag als Peak: Für eine gewisse Zeit überragt er die Ansichten aller anderen, nicht viralen Beiträge und flacht dann wieder ab. In der Regel pendelt sich die Anzahl der Ansichten pro Zeit bald auf das Niveau der anderen Beiträge ein.
Die „virale Zeit“ des Beitrags ist jetzt vorbei, aber für den Betreiber einer Webseite beginnt jetzt erst der spannendste Zeitabschnitt im Lebenszyklus des viralen Beitrags. Er ist zwar jetzt nicht mehr viral, aber er erzeugt auch danach noch sehr viel Traffic – aber auf indirektem Weg. Rand Fishkin hat diesen Aspekt in einer Ausgabe seines Video-Casts Whiteboard Friday sehr gut erklärt.
Sichtbar wird dieser Aspekt, wenn man nicht nur den Traffic betrachtet, den der virale Beitrag selbst erzeugt hat, sondern wenn man den gesamten Traffic einer Webseite betrachtet, der vor der Veröffentlichung des viralen Beitrags erzielt wurde und mit dem gesamten Webseitentraffic vergleicht, der nach der viralen Phase erzielt wird (die virale Phase wird also völlig unberücksichtigt gelassen). In der Regel wird man einen konstanten Anstieg nach oben feststellen.
Ein konkretes Beispiel
Eine Webseite erzielt im Februar ungefähr 500 Zugriffe pro Tag. Am 1. März wird ein Beitrag veröffentlicht, der sich viral verbreitet und am ersten Tag zusätzlich 1000 Zugriffe erzielt (insgesamt hat die Seite dann an diesem Tag 1500 Zugriffe), in den nächsten zwei Tagen werden jeweils noch 500 und dann 250 zusätzliche Zugriffe erzielt, bis sich der Beitrag letztlich auf das Niveau der anderen Beiträge eingependelt hat. Die Anzahl der Zugriffe auf die Webseite ist nach dem Abklingen des viralen Beitrags aber nicht wieder auf 500 zurückgegangen, sondern liegt jetzt bei 600 Zugriffen pro Tag. Die konstanten Zugriffe pro Tag wurden um 100 erhöht.
Der hohe Wert des viralen Contents liegt nicht allein darin, dass er für kurze Zeit ein massiver Traffic-Lieferant ist. Zu viralem Content gehört in der Regel auch ein ganzes Paket weiterer Effekte, die sich positiv auf den Seitentraffic auswirken. Rand Fishkin hat einige davon in seiner Whiteboard-Zeichnung aufgeführt:
- Durch den viralen Content gibt es mehr Follower auf den sozialen Kanälen des Unternehmens, die dann ggf. auch andere Inhalte anschauen, die über diese Kanäle bekannt gemacht werden
- Die Bereitschaft, Inhalte eines Unternehmens zu teilen, das schon einmal durch viralen Inhalt bekannt geworden ist, steigt an. In den sozialen Medien möchten viele Personen, dass ihr eigener Kanal gut läuft, weshalb sie gerne solche Inhalte teilen, die aus einer Quelle stammen, die schon einmal virale Erfolge vorzeigen konnte
- Wer sich durch viralen Content einen Namen gemacht hat, für dessen Arbeit interessiert man sich – deshalb steigen in der Regel auch die Anmeldungen für Newsletter bzw. RSS-Feeds
- Häufig wird auch gezielt via Google nach dem Unternehmen gesucht, dass viralen Content produziert hat, um herauszufinden, was dieses Unternehmen sonst noch an Inhalten bieten kann. Mit anderen Worten gesagt: Der branded search-traffic steigt an.
- Wenn Nutzer, angestossen durch den viralen Content, z. B. über ihren Google+ Account die Unternehmensseite gesucht haben oder über soziale Plattformen mit dem Unternehmen verbunden sind und mit dem Inhalt interagieren, werden Inhalte des Unternehmens weiter oben in den Google-Suchergebnissen angezeigt bzw. im Newsfeed der sozialen Plattformen, wie z. B. Facebook. Die Sichtbarkeit steigt und damit in der Regel auch der Traffic.
- Es werden von Usern Lesenzeichen auf die Inhalte des Unternehmens bzw. die Unternehmensseite selbst gesetzt.
- Durch Backlinks und Shares steigt das Google-Ranking der Beiträge und der Unternehmensseite.
Im Schatten des kurzfristigen, enormen Trafficzuwachses gibt es noch viele weitere Faktoren, die sich nicht in derselben Intensität, aber über einen sehr langen Zeitraum positiv auf den Traffic auswirken.
Will man den viralen Erfolg wiederholen und so Schrittweise den Traffic seiner Webseite steigern, gibt es einen konkreten Ansatzpunkt, den Rand Fishkin aufzeigt – und der viel Arbeit bedeutet.
Die Hauptansatzpunkte für viralen Content
Ein Hauptaspekt besteht darin, die relevanten Meinungsmacher der verschiedenen sozialen Medien ausfindig zu machen und sie zu verstehen. Mit relevant sind nicht unbedingt die einflussreichsten Personen gemeint, sondern solche Personen, die sehr viele Menschen der Zielgruppe erreichen, die für die eigenen Unternehmensziele wichtig sind. Es brauche ein tiefes Verständnis davon, welche Art von Content diese „Influencer“ teilen und bekannt machen und warum sie das tun, sagt Fishkin.
Der Weg dahin ist allerdings zeitaufwendig. Fishkin schlägt vor, solchen Influencern auf den sozialen Medien zu folgen und anhand der von ihnen geteilten Inhalte die entsprechenden Schlüsse zu ziehen. Es ist sicherlich auch nicht verkehrt, direkt mit diesen Leuten ins Gespräch zu kommen und sie so persönlich näher kennen zu lernen.
Diese Arbeit kostet Zeit, ist aufwendig und hat natürlich Potenzial zum Scheitern. Viraler Content ist nicht wirklich planbar und wer eine erfolgreiche virale Kampagne auf den Weg bringen möchte, wird sicherlich zuerst sehr häufig scheitern. Es braucht dafür hartnäckige Mitarbeiter, die von ihren Vorgesetzten und dem Management durch Budget, Ressourcen und vor allem Zeit unterstützt werden.
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