Die Kunst der Kürze – Teil II

Zeit ist heute ein wertvolles Gut. Und weil das so ist, müssen Informationen übersichtlich, kurz und prägnant sein. So zu schreiben gilt mehr und mehr als verlorene Kunst, und darum verfasste die Bloggerin des bekannten Analytic-Software Anbieters MOZ, Isla McKetta, unlängst einen Text zu diesem Thema.

Sie gibt fünf praktische Tipps an die Hand, von denen drei im letzten Artikel beschrieben wurden – hier nun der zweite Teil.

Ein paar Notizen, wie eine zusammenhängende Geschichte erzählt werden kann

Hurra! Endlich können Sie sich an die Ausarbeitung machen. Ich starte meine damit, Ihnen zu sagen, dass ich bereits 500 Wörter von diesem Beitrag allein deshalb kürzen konnte, weil ich ernsthaft über Prägnanz nachgedacht habe. Ist dadurch ein bisschen von meinem üblicherweise lebhaften und erzählerischen Stil verloren gegangen? Ja (aber das hole ich in diesem Abschnitt nach).

Da Sie bereits sehr viel Feinschliff an Ihrem Kernthema vorgenommen haben, können Sie jetzt Ihrem kreativen Ich etwas Raum geben. Lassen Sie sich die Freude nicht nehmen, Ihre unterstützenden Argumente mit passenden Beispielen und Fallstudien auszugestalten und Ihre Thesen nachhaltig in Erinnerung zu bringen. Animieren Sie Ihre Zielgruppe zum Handeln, indem Sie ein paar relevante Beispiele unter das Volk bringen.

Den Elementen ein paar Tage Zeit „zum Atmen“ geben

Wenn Sie Ihre Hauptbotschaft mit den untermauernden Belegen entwickelt haben und diese mit Beispielen veranschaulicht sind, müssen Sie vom Geschriebenen ein paar Schritte zurücktreten. Wenn Sie eine Email schreiben, haben Sie vermutlich keine paar Tage Zeit, aber gehen Sie für eine Unterbrechung zumindest etwas Essen oder einen Kaffee trinken. Diese Atempause erlaubt Ihnen:

  • Lücken auszumachen. Alles ergibt wunderbaren Sinn in Ihrem Kopf, aber ein Atemzug frischer Luft kann Ihnen dabei helfen Stellen auszumachen, an denen Sie vielleicht übersehen haben, einen wichtigen Punkt in der Argumentation tatsächlich niederzuschreiben.
  • Wiederholungen zu erkennen. Manchmal ist man so voller Eifer für etwas, dass es zweimal gesagt wird (auch wenn das für gewöhnlich in etwas unterschiedlichen Arten geschieht). Ein zweites Lesen zu einem späteren Zeitpunkt enthüllt diese Wiederholungen.
  • rational zu bleiben. Wo wir von Eifer sprechen: Manchmal schreiben wir Dinge auf, die wir in Wirklichkeit niemals veröffentlicht sehen möchten. Das Geschriebene eine Weile liegen zu lassen, kann Ihnen dabei helfen, die gewünschte Botschaft zu verfassen, ohne irgendwelche Worte zu gebrauchen, die man besser nicht wiederholen sollte. Auf diese Weise wird man Ihnen auch lieber zuhören.

Das Geheimnis von vielsagenden Texten: Die Schreiber investieren vorab Zeit in die Erstellung einer klaren Struktur (Bild: © Ammentorp-Photography – Shutterstock.com)

Das Ende der Geschichte

Jetzt, wo wir Ronells Tipps in der Praxis erlebt haben, gibt es noch ein paar Dinge, die ich gerne hinzufügen möchte.

Prägnanz wird in der Regel beim redaktionellen Überarbeiten erzeugt

Wenn Sie Ronells Tipps befolgen, wird Ihr Schreibstil deutlich klarer, kürzer und wirkungsvoller. Aber zählen Sie nicht darauf, dass Ihr erster Entwurf auch der Beste ist. Häufig können mit einem zweiten Entwurf viele überflüssige Wörter (und zufällig verteilte Fehler) entfernt werden.

Warum Prägnanz?

Sie sind beschäftigt. Ihr Chef ist beschäftigt. Ihre Leser sind beschäftigt. Wir alle lesen immer weniger von dem, was uns an Informationen vorgelegt wird. Trotzdem ist Lesen immer noch eine wichtige Option, wie wir Informationen aufnehmen. Wer lernt, mit weniger Wörtern mehr zu sagen, wird seine Botschaft an den Mann bringen und am Ende vorne landen.

Prägnanz ist nicht einfach

Tatsächlich werden Sie vermutlich mehr Zeit für den Feinschliff Ihrer Nachricht aufwenden müssen. Seine Ansichten erfolgreich darzulegen, macht den zusätzlichen Aufwand aber lohnenswert. Nehmen Sie z.B. die MOZ Top 10: Über die letzten sechs Ausgaben hatten die Beiträge mit den wenigsten Wörtern die höchste click-through-Rate.

Das Kürzen kostet mich immer die Arbeit für einen weiteren Entwurf, aber eine derart erhöhte CTR rechtfertigt diesen weiteren Arbeitsschritt.

Wie es bei MOZ funktioniert

Ich war schockiert, als Trevor und ich herausfanden, dass die populärsten Moz-Blog-Beiträge (normalerweise) mit 1200-1800 Wörtern eingestellt werden. Das erschien mir sehr lang (insbesondere für das Internet), aber dann fiel mir auf, wie viele Tipps und wie viel Lehrreiches in einem Blog-Beitrag stecken.

Vergleicht man das mit dem, was wir manchmal auf YouMoz sehen: Hier weisen die ersten Entwürfe zwischen 4000 und 8000 Wörter auf. Ich bin mir sicher, dass nur wenige dieser Autoren wirklich eine solche Fülle an wertvollen Informationen zu einem einzigen Thema beitragen. Ich denke vielmehr, dass die meisten dieser Artikel zu viel in einem Beitrag erreichen wollen oder sich unnötig wiederholen. Ich wäre auch überrascht, wenn die meisten Leser es bis zum Ende eines so langen Beitrags schaffen. Und das ist das eigentlich Tragische an zu wortreichem Schreiben: Egal wie brillant man ist – ausgenommen man wäre der fesselndste Schreiber der Welt – niemand liest, was man schreibt. Einer Untersuchung zufolge, lesen lediglich 18 Prozent aller Besucher über die Grenze von 1250 Wörtern hinaus.

Haben Sie Tipps, um den Ballast von Textbeiträgen zu entfernen? Oder mögen Sie vielleicht wirklich (und lesen auch) lange Artikel im Web? Schreiben Sie mir einen Roman in den Kommentaren! 🙂

Quelle: The Art of Concision: How to Effectively Make Your Point in Fewer Words

 

Oberstes Bild: © Peter Bernik – Shutterstock.com

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Mehr zu Markus Haller

Diplomphysiker im technischen Vertrieb mit Leidenschaft für's Schreiben.
Die Themen dürfen ruhig weit gesteckt sein: Von Archäologie und Kulturanalyse über Naturwissenschaft und Technik hin zum eCommerce und Content-Marketing.

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